Geistliche Gedanken

Losung 5. Mai 2024

Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir.

Psalm 42,2

Quelle: gd

Zur Jahreslosung 2024

Liebe Gemeindeglieder, liebe Leserinnen und Leser, 
wie gibt man ein sehr knapp überliefertes Bibelwort angemessen wieder? Das ist manchmal eine echt spannende Frage.  Die einen schreiben: „Alles, was ihr tut, lasst in der Liebe geschehen!
(Einheitsübersetzung). Die anderen formulieren: „Lasst euch in allem, was ihr tut, von der Liebe bestimmen!“ (Neue Genfer Übersetzung). Luther übersetzte: „Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen!“.
Es geht in der Bestimmung durch die Liebe nicht nur um das Tun, sondern um eine grundsätzliche Einstellung zum Denken, Tun und Sein.
 
„Liebe“ bedeutet hier „Zuneigung“ oder „Hingabe“ zu einer Person oder Sache. Einem Menschen oder einer Sache mit ganzem Herzen oder mit ganzer Intensität begegnen, sich mit allem für jemanden oder etwas einsetzen und das nicht nur halbherzig, so nebenbei, sondern ganz.
 
In einer Zeit, in der wir oft überschüttet werden mit vielen verschiedenen Informationen, Eindrücken und Bildern, erleben es etliche Menschen als befreiend, sich neu zu konzentrieren, neu auszurichten auf das, was wesentlich ist, auf das, worauf ich Einfluss üben oder was ich ändern kann, um nicht am Ende „erdrückt“ zu werden von der Fülle, die uns überfordert.
 
In einem Lied des Liederdichters Gerhard Schöne heißt es von einem Sohn, der seinem Vater klagt: "Tag! Ich bleib' nicht lang, hab eigentlich gar keine Zeit. Ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht! Ich hetz mich ab und schaffe nichts, ich bin nur noch ein Nervenwrack. Woher nimmst du nur deine Ruhe?“
 
Woraufhin der Alte sagt: "Mein Lieber, hör gut hin, ich mach es so, es ist ganz einfach: Wenn ich schlafe, schlafe ich; Wenn ich aufsteh', steh' ich auf;
Wenn ich gehe, gehe ich; Wenn ich esse, ess' ich.
Wenn ich schaffe, schaffe ich; Wenn ich plane, plane ich; Wenn ich spreche, spreche ich; Wenn ich höre, hör' ich."
 
Der Mann sagt: "Was soll dieser Quatsch? Das alles mache ich doch auch und trotzdem find' ich keine Ruhe."
 
Der Alte kratzt sein linkes Ohr und sagt: "Mein Lieber, hör' gut hin, Du machst es alles etwas anders: Wenn du schläfst, stehst du schon auf; Wenn du aufstehst, gehst du schon; Wenn du gehst, dann isst du schon; Wenn du isst, dann schaffst du; Wenn du schaffst, dann planst du schon; Wenn du planst, dann sprichst du schon; Wenn du sprichst, dann hörst du schon; Wenn du hörst, dann schläfst du!“
 
Vielleicht ist es gerade das, was vielen Menschen zu schaffen macht! Oft ist weniger mehr, wenn ich es mit Hingabe und Aufmerksamkeit erlebe, wenn ich mir bewusst werde, wer ich bin und was das für ein Glück ist, einen Menschen neben sich zu haben, dessen Gegenwart ich viel zu selbstverständlich nehme. Oft ist weniger mehr, wenn ich mich mit aller meiner Kraft auf eine Sache konzentriere und mich nicht ablenken oder verzetteln lasse.
 
Ich bin davon überzeugt, dass Jesus Christus deshalb ganz bewusst einem jungen Mann antwortete, der ihn nach dem höchsten und größten Gebot fragte, als er sagt: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt.“ Dies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich: „Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst.“ In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten (Mt. 22,37-40).
 
Ich verstehe die Jahreslosung 2024 in diesem Sinne, dass Paulus in seinem Brief an die Korinther den Christen wünscht, dass sie Alles, was ihr Leben betrifft, in Liebe angehen sollen – denn so finden sie die Ruhe, die sie nötig haben, die Konzentration auf das Wesentliche, reden und handeln da, wo Gott sie hingestellt hat und werden nicht in den Stress der Unruhe gezogen, in dem Menschen meinen, die ganz Welt verändern oder retten zu müssen.
 
Liebe zu Gott, zum Nächsten und zu sich selbst bedeutet dann auch, sich nicht selbst zu überfordern, sondern sich für das einzusetzen und hinzugeben, was in meinen Kräften steht.
 
Die nötige Ruhe und innere Besinnung wünsche ich Ihnen/Euch für die bevorstehende Advents- und Weihnachtszeit, damit die Wahrnehmung geschärft wird, für das Licht der Liebe, das uns entgegenstrahlt in Gottes Sohn und unserm Herrn, der sich selbst hingegeben hat für uns, damit wir uns nicht abstrampeln müssen zu unserem Heil, sondern im Vertrauen auf ihn Ruhe und Frieden finden bei Gott.  
 
Frank Eisel, P.